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Literature: Goethe - Das Märchen

  Seite 31: J. W. von Goethe: Das Märchen



deutscher Text English text
 

Die Alte legte den kleinen Leichnam zwischen zarte Blätter in den Korb und eilte davon. Wie dem auch sei, sagte die Schlange, indem sie das abgesprochene Gespräch fortsetzte, der Tempel ist erbauet. Er steht aber noch im Flusse, versetzte die Schöne. Noch ruht er in den Tiefen der Erde, sagte die Schlange; ich habe die Könige gesehen und gesprochen. Aber wann werden sie aufstehn? fragte Lilie. Die Schlange versetzte: Ich hörte die großen Worte im Tempel ertönen: es ist an der Zeit. Eine angenehme Heiterkeit verbreitete sich über das Angesicht der Schönen. Höre doch, sagte sie, die glücklichen Worte schon heute zum zweitenmal; wann wird der Tag kommen, an dem ich sie dreimal höre? Sie stand auf und sogleich trat ein reizendes Mädchen aus dem Gebüsch, das ihr die Harfe abnahm. Dieser folgte eine andre, die den elfenbeinernen geschnitzten Feldstuhl, worauf die Schöne gesessen hatte, zusammenschlug und das silberne Kissen unter den Arm nahm. Eine dritte, die einen großen, mit Perlen gestickten Sonnenschirm trug, zeigte sich darauf, erwartend, ob Lilie auf einem Spaziergange etwa ihrer bedürfe. Über allen Ausdruck schön und reizend waren diese drei Mädchen, und doch erhöhten sie nur die Schönheit der Lilie, indem sich jeder gestehen mußte, daß sie mit ihr gar nicht verglichen werden konnten.

 

The old woman enveloped the little corpse in some soft young leaves, placed it in the basket, and hastened from the spot. "Notwithstanding what you say," continued the Dragon, resuming the interrupted conversation, "the temple is built." "But it does not yet stand upon the river," replied the beautiful Lily. "It rests still in the bowels of the earth," continued the Dragon. " I have seen the Kings, and spoken to them." "And when will they awake?" inquired the Lily. The Dragon answered, "I heard the mighty voice resound through the temple, announcing that the hour was come." A ray of joy beamed from the countenance of the beautiful Lily as she exclaimed, "Do I hear those words for the second time to-day? When will the hour arrive in which I shall hear them for the third time?"
She rose, and immediately a beautiful maiden came from the wood, and relieved her of her harp. She was followed by another, who took the ivory chair upon which the beautiful Lily had been seated, folded it together, and carried it away, together with the silver-tissued cushion. The third maiden, who bore in her hand a fan inlaid with pearls, approached to tender her services if they should be needed. These three maidens were lovely beyond description, though they were compelled to acknowledge that their charms fell far short of those of their beautiful mistress.


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